Drei bewegende Geschichten von der Tierschutzstelle

 

Willkommen kleine Hühnerschar

Mitte Juni 2023 suchten 700 junge Legehennen aus einem Freilandbetrieb ein neues Zuhause. Organisiert wurde die Rettungsaktion von der Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz. Wir konnten 8 neugierige, aufgeweckte Wesen bei uns aufnehmen. Am Tag der Abholung war viel los auf dem Landwirtschaftsbetrieb. Die Hennen wurden in aufeinander gestapelten, flachen Kisten mit Hilfe eines Gabelstaplers zum Umladen in die mitgebrachten Transportboxen gebracht. Der Susy Utzinger Stiftung ist es gelungen für alle 700 Tiere einen Platz zu finden. Ansonsten wäre das Leben der gerade einmal einjährigen Hennen beendet worden. Ab diesem Zeitpunkt lohne sich die Haltung für die Landwirte nicht mehr. Die erwartete Eiermenge von unglaublichen 300 Eiern im Jahr sinke, da die Tiere in die Mauser (Erneuerung der Federn) kommen. Ausserdem wäre zu erwarten, dass die Schale der Eier brüchiger werde oder nicht mehr alle Eier die gleiche Form entwickeln.

Unsere 8 Damen sehen alle gesund und munter aus. Nicht lange nach dem Öffnen der Boxen erkunden die braunen Federtierlies schon neugierig ihr neues Territorium. Nach ca. einer Stunde haben sie auch das Sandbad entdeckt und in Beschlag genommen. Es ist eine wahre Freude ihnen beim Erkunden zu zu sehen. Sobald wir ihr neues Reich betreten, werden wir von acht orangenen Augenpaaren erwartungsvoll angeschaut. Neben viel Freude, schenken sie uns jeden Tag mindestens 6 wunderbare Eier. Auch die Eingliederung bei den alteingesessenen Hühnern und Hähnen 2 Wochen später klappt ohne Probleme. Zum Glück hat sich dieser Landwirt entschieden, dass seine Hennen weiter leben sollen. Keine Selbstverständlichkeit und nur ein kleiner Bruchteil der vielen Legehennen, die jährlich nach schon einem Jahr ihr Leben verlieren.

 

Haselnuss die Geiss zieht bei uns ein

Die dritte im Bunde unserer Geissen ist Mitte August bei uns eingezogen, Hazel (ehemals Haselnuss). Die sanfte Geissendame ist, wie Ronja (ehemals Hagebutte) auch, eine Kupferhalsziege und stammt vom gleichen Bio Bergbauernhof hier auf der Rigi. Die beiden sind gemeinsam als junge Ziegen auf die Rigi gezogen und haben einige Kitze zur Welt gebracht. Wie schon Ronja vor ihr, hat nun auch Hazel eine Fehlgeburt erlitten. Eine weitere Geburt wollte die Bauernfamilie der 8 jährigen Dame nicht zumuten. Froh einen Lebensplatz für Haselnuss gefunden zu haben, brachte sie einer der Söhne der Familie zusammen mit seinem Vater zu uns. Ein Wiedererkennen der beiden Damen ist zu spüren. Joschka ist da schon skeptischer und macht es dem Neuankömmling nicht leicht. Für Hazel bricht erstmal eine Welt zusammen. An einem neuen Ort, mit einem frechen, fremden Ziegenbock, der sie nicht in den Stall lässt und lauter unbekannten Menschen zu sein, ist vermutlich nicht gerade ihre Traumvorstellung. Keiner ihrer alten Ziegenfreundinnen ist da. Dennoch gewöhnt sie sich wohl oder übel an die neue Situation. Nach dem 2. Spaziergang an der Leine (bei denen meine Standhaftigkeit kräftig auf die Probe gestellt wird, um nicht zwischen oder unter die Läufe zu kommen) läuft Hazel frei mit uns mit. Gut darauf bedacht nicht noch eine Herde zu verlieren. Nun fressen die drei gemeinsam an Hagebutten-, Haselnuss- und Brombeersträuchern. Sehr zur Freude unseres Älplers Hannes, da sie ihm so bei der oft mühsamen Arbeit des Dornenschneidens ein wenig zur Hand gehen. Und last but not least, auch Joschka akzeptiert die flinke, grazile Lady allmählich.

 

Zen Unterricht auf Hühnisch: Leben oder Sterben - Die Geschichte einer älteren Legehenne Namens Gypsi

Irgendwann im Juni, als ich gerade beim Wasser Wechseln im Hühnergehege bin, höre ich Geflatter, gefolgt von einen dumpfen Knall aus dem Hühnerstall. Als ich nachsehe, liegt mitten im Eingang eine braune Legehenne. Schnell ist klar, dass sie nicht mehr dazu in der Lage ist aufzustehen. Was tun? Erstmal in Sicherheit bringen. Also nehme ich sie mit in den Schweinestall. Dort sind schon zwei Artgenossen, eine sehr dünne, schwache Henne und eine mit einem dicken Fuss. Gypsi, wie wir sie bald nennen, bekommt einen kleinen Käfig neben ihnen und wir beobachten. Schmerzen scheint sie keine zu haben. Auch kann ich keinen Bruch Feststellen. Die Braune wirkt wach, frisst und trinkt gerne, wenn auch unkoordiniert. Die Tierärztin macht mir wenig Hoffnung auf Besserung. Was tun? Ein Huhn, das nicht mehr laufen und mit seinen Artgenossen sein kann. Ist das ein hühnerwürdiges Leben? Aber wer bin ich, um über Leben und Tod zu entscheiden? Gypsi scheint solche Gedanken nicht zu haben. Sie denkt wahrscheinlich nicht darüber nach, dass es viel schöner wäre, jetzt mit den anderen über die Wiese zu rennen und nach Würmern zu suchen. Sie liegt in ihrem Nest oder im Gras, lässt sich von der Sonne in den Schatten tragen, nimmt angebotenes Futter gerne an, lässt sich bei einem kleinen Spaziergang mit Nala, unserer Hündin mit tragen und sitzt beim meditieren bei den Tieren bei mir auf dem Schoss. So als ob das schon immer so wäre. Ohne zu jammern. Einem Leben vor ihrer Lähmung scheint Gypsi nicht nachzutrauern. Sie ist einfach nur und sieht dabei meist recht zufrieden aus. Täglich macht die Henne ihre selbst verordneten Übungen ganz ohne Physiotherapeut. Und schafft es bald ihren Oberkörper hoch zu stemmen. Unglaublich dieses zarte Lebewesen. Das Massieren ihrer Beinchen findet sie mässig gut. Wenn es ihr zu viel wird, äussert sie das durchaus auch lauthals. Es ist klar, so lange keine offensichtlichen Schmerzen sichtbar sind, pflegen wir die Henne so gut wir können. Und siehe da. Bald schafft die kleine Dame es, sich immer wieder auf ihre Unterschenkel zu setzen. Jedesmal wenn ich ihre wackeligen Versuche sehe, bin ich den Tränen nahe. Gypsi will Leben und kämpft dafür. Mittlerweile Anfang Oktober, hat sie es geschafft. Sie kann tatsächlich wieder auf beiden Füsschen stehen, sich kratzen, strecken und ein paar Schritte gehen. Danke liebes, kleines Wesen für dieses wunderbare Koan und deinen unerschütterlichen Anfängergeist.

 
 
Stiftung Felsentor